Rezension VOB/B Kommentar
VOB/B Kommentar mit FIDIC conditions of contract Kommentar Ralf Leinemann (Herausgeber)
Buch | Hardcover ISBN:9783804153103 Werner Verlag 7. Auflage 2020
Der Kommentar zur Vertrags- und Vergabeverordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) von Professor Dr. Leinemann liegt mittlerweile in der 7. Auflage vor und bringt es auf stattlich 1.500 Seiten. Ergänzt wird die Kommentierung der VOB/B um die Kommentierung zweier Paragrafen aus dem BGB, die in der Praxis eine erhebliche Bedeutung für größere Bauvorhaben in sich bergen, 650 e BGB zur Sicherungshypothek des Bauunternehmers und § 650 f BGB zur Bauhandwerkersicherung.
Abgerundet wird der Kommentar mit dem Abdruck der FIDIC Conditions of contract, sowie einer Kommentierung hierzu. Die FIDIC (Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils) dürfte der bedeutendste internationale Dachverband beratender Ingenieure im Bauwesen sein. Für internationale Bauvorhaben hat die FIDIC standardisierte Musterverträge entwickelt, die im Kommentar abgedruckt und kommentiert wurden.
1.200 Seiten des Kommentars beschäftigen sich mit der VOB/B selbst. Auch diese Zahl ist beachtlich, besteht doch die VOB/B nur aus 18 Paragrafen. Allein die Kommentierung des § 2 VOB/B, der sich mit Vergütungsfragen befasst, umfasst bereits ca. 300 Seiten.
Die Kommentierung selbst ist von der gewohnt hohen Qualität, die bereits von den Vorauflagen bekannt ist. Bei den Kommentierenden handelt es sich mit wenigen Ausnahmen um Praktiker, fast vollständig aus dem Anwaltsbereich.
Interessant ist an der Neuauflage des Kommentars aus dem Sommer 2019 darüber hinaus insbesondere der Umgang mit den Änderungen der gesetzlichen Grundlagen im BGB.
Zum 01.01.2018 wurde bekanntlich das Bauvertragsrecht erstmalig im BGB geregelt. Da die VOB/B als allgemeine Geschäftsbedingungen verstanden wird, stellt sich die Frage wie sich die VOB/B sich als vertragliches Regelungswerk (das ausdrücklich in die Verträge einbezogen werden muss) zu den veränderten, neuen gesetzlichen Grundlagen des BGB verhält.
Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) hatte zunächst angekündigt, im Jahre 2018 den Anpassungsbedarf der VOB/B an die neue Gesetzeslage überprüfen zu wollen. Im Januar 2018 hat der Hauptausschuss Allgemeines des DVA dann etwas überraschend beschlossen, dass zunächst keine Veränderungen an der VOB/B vorgenommen werden, sondern erst die Entwicklungen in der Rechtsprechung und Literatur abgewartet werden solle.
Zu Recht spricht Herr Dr. Leinemann in einem Vorwort davon, dass die VOB/B lebendig wie eh und je sei und das neue Bauvertragsrecht im BGB gerade nicht zu einem Abstieg der VOB/B geführt habe. Das ist sicherlich zutreffend, vor allem unter dem Aspekt, dass die öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe von Bauleistungen weiterhin verpflichtet sind die VOB/B mit ihren Auftragnehmern zu vereinbaren und die Bauindustrie auch bei anderen Großprojekten nicht auf die VOB/B verzichten will.
Zutreffend ist zudem der Hinweis auf die Privilegierung der VOB/B nach § 310 Abs. 1 Satz 3 BGB, nach der eine inhaltliche Prüfung einzelner Klauseln nach den AGB-rechtlichen Vorschriften dann nicht stattfindet, wenn die VOB/B als Ganzes und inhaltlich unverändert dem Bauvertrag zu Grunde gelegt wird.
Der Weg zur Inhaltskontrolle gem. § 307 ff. BGB ist dann allerdings frei, wenn entweder die VOB/B gegenüber Verbrauchern Verwendung findet oder, was in der Praxis häufig geschieht, die VOB/B modifiziert in Bauverträgen zur Anwendung kommt. In diesen Fällen stellt sich immer die Frage, ob die Klauseln der VOB/B nicht im Einzelfall zu stark von den (neuen) gesetzlichen Grundlagen abweichen.
Zwar hat die VOB/B offensichtlich und ausdrücklich bei der Gestaltung des neuen Bauvertragsrechtes im BGB Pate gestanden. Immerhin ist die VOB/B selbst mittlerweile fast hundert Jahre alt und enthält viele in der Praxis erprobte Regelungen. Ausdrücklich hat der Gesetzgeber aber auch versucht im neuen Baurecht die Schwächen der VOB/B nicht zu wiederholen und ist deshalb an einigen Stellen ausdrücklich neue Wege gegangen. Als Beispiel sei nur das Anordnungsrecht aus § 1 Abs. 3, 4 VOB/B im Vergleich mit den beiden Regelungen im § 650b Abs. 1, 2 BGB genannt.
Ein anderes Beispiel wäre die angemessene Vergütung nach § 2 Abs. 5 VOB/B bei einer Änderung des Bausolls seitens des Auftragsgebers. Hier hat sich der Gesetzgeber in § 650 c BGB für ein anderes System als die Preisfortschreibung aus der Urkalkulation und der berühmten Faustformel „schlechter Preis bleibt schlechter Preis und guter Preis bleibt guter Preis“ entschieden. Nach § 650c BGB soll sich die Vergütung in Zukunft nach den tatsächlich erforderlichen Kosten mit angemessenen Zuschlägen berechnen.
Wie im Vorwort angekündigt, werden die neuen gesetzlichen Regelungen jeweils an der entsprechenden Stelle angesprochen und dabei mit einer gewissen Regelmäßigkeit Widersprüche zwischen BGB und VOB/B verneint. Hier hätte man sich als Leser mehr Tiefe gewünscht und vielleicht auch die Ausgliederung dieser Problematiken in einen eigenen Abschnitt. So sind die neuralgischen Punkte, an denen die VOB/B stark von den neuen gesetzlichen Regelungen BGB abweicht, etwas mühsam in der Kommentierung zu suchen.
Insgesamt aber wie auch bereits in den Vorauflagen ein fundierter und empfehlenswerter Kommentar, insbesondere für Praktiker die sich häufig mit größeren Bauvorhaben zu beschäftigen haben.
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