Neues zur Durchsuchung und Beschlagnahme in der Rechtsanwaltskanzlei
RA Thomas Röth: anwaltliches Berufsrecht in Berlin
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Thomas Röth ist Fachmann für anwaltliches Berufsrecht und zugleich Richter am Anwaltsgericht zu Berlin.Er veröffentlicht regelmäßig zu berufsrechtlich relvanten Themen, hier zu einer bedeutsamen Entscheidung des Bundsverfassungsgerichts vom 25.7.2017 zum Aktenzeichen II BvR 1287/17.
Das Bundesverfassungsgericht verbietet der Staatsanwaltschaft vorläufig sichergestellte Unterlagen aus einer Rechtsanwaltskanzlei auszuwerten
Das Bundesverfassungsgericht hat am 25.07.2017 beschlossen, dass die Staatsanwaltschaft München II die bei einer Rechtsanwaltskanzlei in München beschlagnahmten Akten vorerst nicht auswerten darf.
Die Volkwagen AG ist wegen der Abgasmanipulation unter anderem einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren in den USA ausgesetzt. Sie hat deshalb eine amerikanische Anwaltskanzlei, die auch in München ein Büro hat, mit internen Ermittlungen beauftragt. Um diese Ermittlungen durchzuführen, hat die Rechtsanwaltskanzlei innerhalb des Volkswagenkonzerns eine Vielzahl von Dokumenten ausgewertet und über 700 Befragungen von Mitarbeitern konzernintern durchgeführt. Mit diesem internen Ermittlungsmandat durch die Volkswagen AG waren eben auch die Rechtsanwälte der Filiale in München (also dort wo beschlagnahmt wurde) befasst. Dies scheint die Begierde der Staatsanwaltschaft München II geweckt zu haben und das Amtsgericht München erließ eine Durchsuchungsbeschluss hinsichtlich der Münchner Geschäftsräume der Kanzlei wegen Betruges und strafbarer Werbung gegen unbekannt (Wichtig waren die Vorgänge in dem Zusammenhang mit den 3 Liter-Dieselmotoren der Audi AG).
Am 15.03.2017 wurden dann zahlreiche Dokumente und elektronische Daten in der Rechtsanwaltskanzlei beschlagnahmt. Dagegen gingen die Volkswagen AG, die Rechtsanwaltskanzlei sowie die sachbearbeitenden Rechtsanwälte in Beschwerde. Die Beschwerde führte vor dem LG München I zu nichts, ebensowenig die dann dort eingereichte Anhörungsrüge. Dagegen legten die Antragsteller dann eine Verfassungsbeschwerde ein.
Das Bundesverfassungsgericht hat im Eilverfahren die Nichtauswertung der Unterlagen vorerst angeordnet. Es hat dies damit begründet, dass, wenn sie es nicht anordnen würden, irreparable Folgen gezeitigt werden könnten. Denn würde die Staatsanwaltschaft die Dokumente zwischenzeitlich auswerten, käme faktisch eine spätere Hauptsachenentscheidung, dass dies unzulässig gewesen sei, zu spät. Im Übrigen könnten auch Verschwiegenheitspunkte berührt werden. Auf der anderen Seite wird die Staatsanwaltschaft in der Auswertung der Dokumente, sollte sie schlussendlich die Akten doch auswerten dürfen, lediglich verzögert.
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25.07.2017 II BvR 1287/17
Fazit
Der Unterzeichner hatte in seinem Aufsatz Durchsuchung in der Rechtsanwaltskanzlei auf zwei Beschlüsse, nämlich des Landgerichts Braunschweig vom 21.07.2015 und des Landgerichts Mannheim vom 03.07.2012 hingewiesen. Es kam dort bei internen Ermittlungen immer darauf an, wo die Unterlagen sich gerade befanden (bei den Anwälten oder im Unternehmen), als sie beschlagnahmt wurden, um dann zu entscheiden, ob die Beschlagnahme zulässig oder unzulässig war.
Die beiden Landgerichtsbeschlüsse divergierten ein wenig voneinander, allerdings war man sich bei Beschlagnahme im Anwaltsbüro über die Unzulässigkeit einig. Nun hat das Bundesverfassungsgericht dies höchstrichterlich einstweilig festgestellt: also dass eine Beschlagnahme in der Kanzlei der Unternehmensanwälte vorerst nicht möglich ist.
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