Geschichte des Rechts – Von den Frühformen bis zur Gegenwart
von Wesel, Uwe
C.H. Beck, 5., neu bearbeitete Auflage 2022, Hardcover (Leinen), 675 S., 49,00 Euro
ISBN 978-3-406-78541-2
Buchrzension von RA Thomas Röth
Geschichte des Rechts – Von den Frühformen bis zur Gegenwart, so heißt das im Jahre 2022 in 5. Auflage (1. Auflage 1992) erschienene Buch des im September 2023 verstorbenen Juraprofessors Uwe Wesel. Es dürfte also die letzte von ihm zu Lebzeiten verantwortete Auflage sein.
Der große Unterschied dieser gut 600-seitigen Geschichte des Rechts im Gegensatz zu herkömmlichen Rechtsgeschichten dürfte darin liegen, dass Professor Wesel sich jahrzehntelang auch mit der Rechtsethnologie befasst hat. Insofern kann er Vergleiche und Schlüsse ziehen, die klassischen Darstellungen, die in der Regel mit der Antike beginnen, fehlen. Dies wird auch durch den Aufbau seines Buches deutlich. Es ist in fünf Teile und 21 Kapitel aufgeteilt.
Der erste Teil befasst sich mit der Frühgeschichte des Rechts, dort zunächst mit einer Einführung, die die Themen Wozu Frühgeschichte des Rechts, methodische Schwierigkeiten, die Erklärung der komparativen Methode und die Erkenntnisse zu den drei Entwicklungsstufen des Rechts vor der Antike beinhaltet. Dann werden die drei Entwicklungsstufen in einzelnen Kapiteln beschrieben, nämlich „Sammler und Jäger“, „Segmentäre Gesellschaften“ und „Protostaaten“ und schlussendlich fasst Professor Wesel dies in dem vierten Kapitel mit dem Titel „Entwicklung von Recht – Was ist Recht?“ anschaulich und pointiert zusammen.
Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Rechtsgeschichte der Antike und führt von der Darstellung Mesopotamiens, Ägyptens, des hebräischen Rechts, Griechenlands, des römischen Rechts, der juristischen Papyrologie bis hin zum byzantinischen Recht.
Der dritte Teil befasst sich mit den Germanen und dem Mittelalter in den Kapiteln „Germanen“, „Das Frankenreich“ sowie „Das mittelalterliche deutsche Reich“.
Im vierten Teil wird zur Rechtsgeschichte der Neuzeit in den Kapiteln „Frühe Neuzeit“, „Das lange 19. Jahrhundert 1789-1914“, „Die Weimarer Republik“, das „Dritte Reich“, die „Deutsche Demokratische Republik“ und zur „Bundesrepublik Deutschland“ ausgeführt und der fünfte Teil mit dem Titel „Rechtsgeschichte“ versucht der langen Rede kurzen Sinn nach Lektüre der bis dahin 609 Seiten zusammenzufassen. Ein Abkürzungsverzeichnis sowie Namen- und Sachverzeichnis beschließen das Buch.
Professor Wesel schreibt wie üblich in klarer, einfacher und dementsprechend verständlicher Sprache. Alle eher fernliegenden Fremdwörter werden erklärt. Die Sätze sind kurz. Es gelingt ihm auf diesen guten 600 Seiten eine unglaubliche Materialfülle eingängig und ständig die Lust des Lesers erhaltend aufzubereiten. Der Stand der Forschung wird referiert und in den Literaturnachweisen ausgewiesen. Das Reflexionsniveau ist durchgehend hoch und Zusammenfassungen über jeweilige Themen werden häufig durch konkrete Fälle exemplifiziert.
Wer also gut lesbar wissen will, was Recht ist und wie es sich über Jahrtausende entwickelt hat, wo wir heute stehen und wo es hingehen könnte, welche Erkenntnisse die Rechtsgeschichte zeitigen kann und welche Schwierigkeiten sie unter anderem methodisch hat, dem sei dieses Buch sehr ans Herz gelegt, das – soweit der Rezensent es überblicken kann – ein Solitär auf diesem Feld ist.
Schlusskadenzend mit den letzten Zeilen aus dem hier rezensierten Buch (Seite 641):
„Denn Juristen sind eher konservativ, weil das ein allgemeines Charakteristikum ist in fast jeder Gesellschaft. Es heißt: Keine Experimente. Im Recht nennt man das „herrschende Meinung“, in der Literatur immer abgekürzt: „hM“ (…) Aber wir haben auch eine andere Tradition. Ab und zu war Recht – waren Juristen – auch Motor für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit und Widerstand gegen juristische Verwüstung (…) Diese andere Tradition heißt nicht Anpassung und herrschende Meinung, sondern Kritik und Mut zum Risiko im Namen von Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit. Auch in Zukunft wird das im Recht notwendig sein, wenn in Europa die Demokratie nicht auf Stelzen gehen, Freiheit und soziale Gerechtigkeit zunehmen und die ökologische Substanz erhalten bleiben soll. Mit dieser Tradition kann man in der Gegenwart leben, von der Zukunft träumen und aus der Vergangenheit lernen.“
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