Faxen reicht dicke
Wie müssen Klagen, Schriftsätze, Berufungen und Revisionen dem Gericht zugestellt werden?
Zur Klagerhebung NUR per Fax
Artikel von Rechtsanwalt Thomas Röth, erschienen im Berliner Anwaltsblatt (2016, Seite 123 f)
Es genügt eine Zustellung nur per Fax (siehe hierzu: Der gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichtshöfe, Beschluss vom 05.04.2000, Az. GmS-OGB 1/98.
In diesem Beschluss hat der gemeinsame Senat festgestellt, dass in Prozessen mit Vertretungszwang bestimmende Schriftsätze formwirksam auch durch elektronische Übertragung einer Textdatei mit eingescannter Unterschrift auf ein Faxgerät des Gerichtes übermittelt werden können. Zwar gehen viele Gerichte noch vom Unterschriftserfordernis bei Schriftsätzen aus, doch hat der gemeinsame Senat gerade für das Telefax hier Ausnahmen zugelassen. Da er allerdings immer noch auf dem Unterschriftserfordernis beharrt, ist es anzuraten, auch eine beglaubigte und einfache Abschrift (Regelfall) beizulegen. Hintergrund ist, dass bei fehlender Unterschrift – nur per Fax – auf dem „Original“-Schriftsatz dann zumindest die Unterschrift auf der Beglaubigung die fehlende auf dem „Original“ heilt/ersetzt (siehe hierzu Zöller/Greger, ZPO-Kommentar zu § 130, RNr. 18a, 31. Auflage, 2016).
Zur oft vorherrschenden Unsitte des „vorab per Fax“ und im Original hinterher (und zwar sämtlicher Schriftstücke) ein Zitat aus dem oben angegebenen Zöller (zu § 130 RZ 18 c):
„Einer Nachsendung des Originals (Fettdruck im Original bei Zöller, Anmerkung des Verfassers) oder schriftlicher Bestätigung bedarf es in keinem Fall (ganz hM, vgl. BGH NJW 93, 3141 und BRAK-Mit 2004, 161 …)“
Der Unterzeichner faxt seit Jahren ausschließlich. Sollten Schriftstücke umfangreich sein oder nebst Anlage mehr als 30 Seiten betragen, wird der Schriftsatz einmal vorab per Fax dem Gericht übermittelt und dann der Schriftsatz zuzüglich der beglaubigten und einfachen Abschrift nebst Anlagen per Post ans Gericht übersandt. Bisher ist der Unterzeichner von der Justizverwaltung noch nicht für Faxkosten in Anspruch genommen worden, obwohl das GKG die Möglichkeit einräumt (s. KV 9000 GKG).
Ein kurzer Hinweis noch auf § 133 ZPO. Demnach sollen die Parteien den Schriftsätzen, die sie bei Gericht einreichen, die für die Zustellung erforderliche Anzahl von Abschriften der Schriftsätze und deren Anlagen beifügen. Dies gilt nicht für Anlagen, die dem Gegner in Urschrift oder in Abschrift vorliegen. Dementsprechend müssen Mietverträge, Kündigungen und dergleichen zwar für das Gericht, aber nicht für den Gegner, der sie ja hat, beigefügt werden.
Hinzuweisen ist auf § 169 ZPO, wonach die Geschäftsstelle auf Antrag den Zeitpunkt der Zustellung bescheinigt und die Beglaubigung der zuzustellenden Schriftstücke vornimmt, und zwar auch soweit von einem Anwalt die Schriftstücke nicht selbst bereits beglaubigt wurden.
Bei Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann dies gem. § 174 Abs. 2 ZPO ebenfalls per Telefax geschehen. § 195 regelt die Zustellung von Anwalt zu Anwalt (ebenfalls per Telefax möglich), jedoch hat der BGH am 26.10.2015 (BGH, Urteil vom 26.10.2015, AnwSt (R) 4/15) entschieden, dass es keine berufsrechtliche Verpflichtung dazu gibt, das EB zu unterzeichnen und dem Kollegen zurückzusenden.
Das OLG Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 19.03.2013 (21 U 140/12)) entschieden, dass eine Klage fristgerecht erhoben wird, wenn sie nur in einem unterschriebenen Exemplar ohne Anlagen gefaxt wird. Es geht aber davon aus, dass Voraussetzung für die Hemmungswirkung nicht die Zulässigkeit der Klage, sondern allein die Wirksamkeit der Klageerhebung ist. Dazu müssen die Voraussetzungen des § 253 Abs. 1 und 2 ZPO gewahrt sein:
(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).
(2) Die Klageschrift muss enthalten:
1. die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.
Zum Anwaltsvortrag im Schriftsatz und dem (möglichen) Verweis auf Vortrag in Anlagen sei deshalb die Lektüre des Urteils des BGH vom 06.05.2008 (X ZR 28/07) empfohlen. Der BGH stellt fest, dass hierzu bislang nur Einzelfallentscheidungen vorlägen und stellt folgende Richtlinien auf:
Unzulässig ist jedenfalls eine pauschale Bezugnahme auf Anlagen, die es dem Gericht überlässt die Tatsachen zu ermitteln, auf die die Partei ihre Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung stützt. … Eine Bezugnahme kann aber zulässig sein, wenn die Wiedergabe des in der Anlage dargestellten Sachverhalts eine bloße Wiederholung wäre und die Anlage ebenso verständlich ist, wie die Wiedergabe dieser Angaben im Schriftsatz selbst. … Ob danach die Bezugnahme auf Anlagen prozessordnungsgemäßer Vortrag ist, beantwortet sich vor allen Dingen danach, ob der Vortrag aus sich heraus verständlich ist.
Schließlich sei noch aufmerksam gemacht auf die Überprüfungspflicht des Rechtsanwalts bei Behandlung von Fristsachen und Zustellung von Schriftsätzen ans Gericht nur per Fax. Er muss nach Sendung das Faxprotokoll auf die richtige Faxnummer, den OK-Vermerk und die Übereinstimmung der Seitenzahl des z. B. Schriftsatzes mit der Seitenzahl auf dem Faxbericht überprüfen. Ebenso ist dem Anwalt anzuraten, nicht am letzten Tag der Frist um 23:46 Uhr mit dem Faxen zu beginnen (BGH-Beschlüsse vom 03.05.2011, XI ZB 24/10 und vom 27.11.2014, III ZB 24/14), da dies zu spät sein kann, wenn das Fax besetzt ist und der Schriftsatz erst nach 00.00 Uhr bei Gericht eingeht.
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