Inkasso von Hausgeld in der WEG
Die regelmäßige und vollständige Zahlung des Hausgeldes ist für das Funktionieren einer Wohnungseigentümergemeinschaft unerlässlich.
Doch was, wenn Eigentümer ihrer Zahlungspflicht nicht nachkommen?
Dieser Artikel beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, Handlungsmöglichkeiten und Konsequenzen bei Hausgeldrückständen.
Was versteht man unter Hausgeld und warum ist es wichtig?
Das Hausgeld umfasst alle finanziellen Beiträge, die Wohnungseigentümer zur Deckung der laufenden Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums entrichten müssen. Im Gegensatz zum staatlichen Wohngeld dient das Hausgeld der Finanzierung von Betriebs-, Verwaltungs- und Instandhaltungskosten der Immobilie. Zu den typischen Bestandteilen des Hausgeldes zählen:
- Betriebs- und Verbrauchskosten (Wasser, Strom für Gemeinschaftsflächen, Heizung)
- Verwaltungskosten
- Versicherungen für das Gebäude
- Kosten für Hausmeisterservice, Reinigung und Gartenpflege
- Instandhaltungsrücklagen für künftige Reparaturen und Renovierungen
Das Hausgeld wird vom Verwalter im jährlichen Wirtschaftsplan kalkuliert und von der Eigentümerversammlung beschlossen. Seine regelmäßige Zahlung ist für die Liquidität der WEG und damit für die ordnungsgemäße Verwaltung und Werterhaltung der Immobilie unabdingbar.
Details zum Hausgeld finden Sie im Artikel Hausgeld in der WEG
Rechtliche Grundlagen der Hausgeldforderung
Nach § 16 WEG sind alle Wohnungseigentümer verpflichtet, die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums und der Verwaltung zu tragen. Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob ein Eigentümer seine Wohnung nutzt oder nicht.
Der Verwalter hat gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG die Aufgabe, das durch Beschluss festgelegte Hausgeld anzufordern. Dies umfasst alle notwendigen, geeigneten und erforderlichen außergerichtlichen Tätigkeiten zur Beitreibung, insbesondere Zahlungsaufforderungen und Mahnungen.
Die Wohnungseigentümer können per Beschluss gemäß § 28 Abs. 3 WEG festlegen, wie das Hausgeld zu entrichten ist, beispielsweise über ein SEPA-Lastschriftverfahren.
Die Teilnahme am Lastschriftverfahren kann verpflichtend gemacht werden, und Eigentümern, die sich dieser Verpflichtung verweigern, können die dadurch entstehenden Mehrkosten der Verwaltung auferlegt werden.
Ursachen für Hausgeldrückstände und erste Maßnahmen
Hausgeldrückstände können verschiedene Ursachen haben, die es zu ermitteln gilt, bevor rechtliche Schritte eingeleitet werden:
- Vergessene Überweisung: Bei fehlender Teilnahme am Lastschriftverfahren kann es vorkommen, dass Eigentümer die Überweisung schlicht vergessen.
- Probleme mit dem Bankkonto: Unzureichende Kontodeckung oder ein nicht aktualisiertes SEPA-Mandat nach Kontowechsel können zu Zahlungsausfällen führen.
- Finanzielle Engpässe oder Insolvenz: Eigentümer können vorübergehend oder dauerhaft zahlungsunfähig sein.
- Bewusste Zahlungsverweigerung: Manche Eigentümer verweigern die Zahlung, etwa um Druck auf die WEG auszuüben, weil Mängel nicht behoben werden. Dies ist jedoch rechtlich unzulässig - ein Zurückbehaltungsrecht besteht nur bei rechtskräftig festgestellten Gegenforderungen oder bei Notgeschäftsführung.
Das außergerichtliche Mahnverfahren in der WEG
Ein professionelles Mahnwesen ist ein Qualitätsmerkmal guter Verwaltung und erfordert sowohl rechtliches sowie praktisches Wissen, aber auch Fingerspitzengefühl. Das außergerichtliche Mahnverfahren verläuft in der Regel in folgenden Schritten:
- Erstellung einer Zahlungsübersicht: Der Verwalter prüft regelmäßig die Hausgeldeingänge und identifiziert säumige Zahler.
- Erste Zahlungserinnerung: Bei Ausbleiben der Zahlung erhält der Eigentümer zunächst eine freundliche Erinnerung.
- Formelle Mahnung: Bleibt die erste Erinnerung erfolglos, folgt eine formelle Mahnung mit Fristsetzung und gegebenenfalls Verzugszinsforderung.
- Letzte Mahnung: Die letzte Mahnung kündigt bereits rechtliche Schritte an, falls keine Zahlung erfolgt.
Der Verwalter kann säumige Eigentümer in Eigentümerversammlungen übrigens durchaus namentlich nennen, da alle Miteigentümer ein berechtigtes Interesse daran haben zu erfahren wer seinen Zahlungspflichten innerhalb der WEG nicht nachkommt (LG Oldenburg, Urteil v. 22.12.20, Az. 5 S 50/20).
Gerichtliche Durchsetzung von Hausgeldforderungen
Bleiben außergerichtliche Maßnahmen erfolglos, muss das Hausgeld ein Titel zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung beschafft werden.
Hierfür stehen folgende Wege zur Verfügung:
1. Notarielles Schuldanerkenntnis
Wenn der Eigentümer zahlungswillig, aber momentan nicht zahlungsfähig ist, kann ein notarielles Schuldanerkenntnis abgegeben werden. Dieses Schuldanerkenntnis kann später als Titel zur Zwangsvollstreckung dienen. Dies erspart den Parteien ein Gerichtsverfahren und geht schnell, verursacht aber Notarkosten.
2. Mahnbescheid
Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids ist vorzuziehen, wenn zu erwarten ist, dass der Eigentümer nicht reagieren und weder Widerspruch gegen den Mahnbescheid noch gegen den anschließend zu beantragenden Vollstreckungsbescheid erheben wird. Das Mahnverfahren ist schnell und kostengünstig.
3. Zahlungsklage
Bei zu erwartenden Einwänden des Eigentümers ist die direkte Zahlungsklage sinnvoller. Die Klage wird vom Verwalter im Namen der WEG beim zuständigen Amtsgericht eingereicht (§ 43 WEG).
Besitzt ein Schuldner mehrere Wohnungseigentumsrechte, sollten die Hausgeldforderungen für alle Einheiten in einem gemeinsamen Verfahren geltend gemacht werden, da die Mehrkosten separater Verfahren in der Regel nicht erstattungsfähig sind.
Bei der gerichtlichen Durchsetzung sollten auch Verzugszinsen (5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) geltend gemacht werden.
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bei erfolgloser Zahlung
Nach Erwirkung eines Titels (Vollstreckungsbescheid oder Urteil) kann die WEG Zwangsvollstreckungsmaßnahmen einleiten:
- Pfändung von Bankkonten und Forderungen: Zunächst können Bankkonten oder Forderungen des Schuldners gepfändet werden. Ein Konto des Schuldners ist ja meist durch die vorangegangenen Hausgeldzahlungen bekannt.
- Sachpfändung: Bewegliche Gegenstände des Schuldners können gepfändet werden.
- Sicherungshypothek: Gegebenenfalls kann die Eintragung einer Sicherungshypothek ins Grundbuch der Einheit des Schuldners sinnvoll sein.
- Versorgungssperre: Bei erheblichen Zahlungsrückständen (mindestens sechs Monate) kann die WEG mit einfacher Mehrheit beschließen, die Wohnung des säumigen Eigentümers von der Versorgung mit Gas, Strom und Wasser abzutrennen (BGH, Urteil vom 10.06.2005, Az.: V ZR 235/04).
Voraussetzungen hierfür sind:
- Die WEG muss für die Versorgungsleistungen aufkommen
- Der Rückstand muss erheblich sein und mindestens sechs Monate betragen. Die Sperre muss vorher angedroht werden.
- Dem Eigentümer muss eine angemessene Zahlungsfrist gesetzt werden
- Zwangsversteigerung: Als letztes Mittel kann die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung beantragt werden. Hausgeldforderungen genießen dabei ein Vorrecht nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG.
Entzug des Wohnungseigentums
Bei dauerhafter Zahlungsunwilligkeit oder -unfähigkeit konnte früher dem Schuldner der WEG das Wohnungseigentum gemäß § 18 WEG (a. F.) entzogen werden.
Das geht seit der Reform des WEG-Rechts 2020 und der Neuordnung des Entziehungsverfahrens in § 17 WEG mittlerweile nicht mehr.
Hausgeldrückstände beim Wohnungskauf
Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. September 2013 (BGH V ZR 209/12) haftet der Erwerber einer Eigentumswohnung nicht für die Hausgeldrückstände des Voreigentümers.
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft hat zwar ein Recht darauf, dass ihre Ansprüche gegen einen Wohnungseigentümer auf das Hausgeld in der Zwangsversteigerung vorrangig befriedigt werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 ZVG).
Das führt jedoch nicht dazu, dass der Rechtsnachfolger des säumigen Wohnungseigentümers für die Hausgeldschulden seines Vorgängers haftet, so der BGH.
Dies ist eine wichtige Entscheidung für Käufer, da sie nicht mehr befürchten müssen, für die Schulden des Vorbesitzers aufkommen zu müssen.
Für den Zeitpunkt der Zurechnung von Hausgeldzahlungen gilt:
- Rückzahlungen und Nachzahlungen betreffen stets den Eigentümer zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung.
- Der neue Eigentümer ist ab Eigentumsumschreibung im Grundbuch für die Entrichtung der anfallenden Hausgeldzahlungen verpflichtet.
- Für Sonderumlagen gilt: Wurde eine Sonderumlage vor dem Eigentumswechsel beschlossen, aber erst nach dem Wechsel fällig, haftet der neue Eigentümer
Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte der Umgang mit dem Hausgeld im Kaufvertrag genau geregelt werden.
Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Hausgeldrückständen
Ein effektives Forderungsmanagement ist für jede WEG unerlässlich. Folgende präventive Maßnahmen können helfen, Hausgeldrückstände zu vermeiden:
- SEPA-Lastschriftverfahren: Die Wohnungseigentümer sollten beschließen, dass alle Eigentümer am SEPA-Lastschriftverfahren teilnehmen müssen.
- Beschlüsse zur Kostentragung: Eigentümer, die nicht am Lastschriftverfahren teilnehmen, sollten die Mehrkosten der Verwaltung tragen müssen.
- Transparente Hausgeldfestsetzung: Die Kalkulation des Hausgeldes sollte nachvollziehbar sein und auf einer soliden Wirtschaftsplanung basieren.
- Regelmäßige Kontrolle der Zahlungseingänge: Der Verwalter sollte monatlich die Zahlungseingänge kontrollieren und bei Rückständen umgehend reagieren.
- Frühzeitige Ansprache bei Zahlungsverzug: Je früher Zahlungsrückstände angesprochen werden, desto größer ist die Chance, eine einvernehmliche Lösung zu finden.
- Ausreichende Instandhaltungsrücklagen: Eine solide Rücklagenbildung hilft, unvorhergesehene Ausgaben ohne Sonderumlagen zu bewältigen.
Das Hausgeldinkasso ist ein wesentlicher Bestandteil einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Ein professionelles Mahnwesen, das sowohl konsequent als auch mit Augenmaß betrieben wird, schützt die Liquidität der WEG und damit die Interessen aller Eigentümer.
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