Die Instandhaltungsrücklage der Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Instandhaltungs- oder mittlerweile Erhaltungsrücklage ist ein Thema in jeder WEG.
Liebert & Röth Rechtsanwälte, wir machen WEG-Recht in Berlin & bundesweit.
Überraschender Finanzierungsbedarf in einer WEG wegen Reparaturen oder Instandhaltungsmaßnahmen soll mit der Erhaltungsrücklage abgesichert werden. Diese Einführung versucht daher die wichtigsten Fragen um die Erhaltungsrücklage zu klären.
Instandhaltungsrücklage, Instandhaltungsrückstellung oder Erhaltungsrücklage?
Vor der Reform durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) sprach das Gesetz von Instandhaltungsrückstellung, in der Praxis hatte sich allerdings der Begriff der Instandhaltungsrücklage durchgesetzt.
In der Reform des WEG-Rechtes 2020 (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG) der Gesetzgeber den Begriff der Erhaltungsrücklage neu eingeführt.
Die Erhaltungsrücklage ist im § 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG als Beispiel ordnungsmäßiger Verwaltung ausdrücklich im Gesetz aufgeführt. Nachdem der Gesetzgeber mit der Reform bewusst einen neuen Namen eingeführt hat, soll der Begriff der Erhaltungsrücklage im Folgenden auch ausschließlich angewendet werden.
Eine Übersicht zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes finden sie in dem Artikel WEG-Reform 2020.
Grundlagen der Erhaltungsrücklage
Unabhängig vom Namen hat jeder Sondereigentümer nach § 18 WEG Anspruch auf Ansparung der Rücklagen. Denn jedem Sondereigentümer steht nach § 18 WEG gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft das Recht auf ordnungsmäßige Verwaltung zu.
Die Erhaltungsrücklage hat den Zweck künftige Reparaturen, sowie Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen des Gemeinschaftseigentums abzusichern und sie soll insbesondere dafür sorgen, dass bei plötzlich auftretendem Reparaturbedarf die Wohnungseigentümergemeinschaft über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt.
Ihr wird auch der Sinn zugesprochen, dass finanzschwache Miteigentümer über die regelmäßige Zahlung von kleinen Beträgen die notwendigen Beträge für Reparaturen mitansparen.
Der gesetzlich vorgesehene Verwendungszweck für die Erhaltungsrücklage sind die Instandsetzungs- und Instandhaltungskosten nach § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG.
Die Erhaltungsrücklage darf für folgende Maßnahmen verwendet werden
- Behebung anfänglicher Baumängel, sofern die Beseitigung durch den Bauträger nicht mehr zu erwarten ist
- Maßnahmen der Verkehrssicherung
- Erfüllung behördlicher gesetzlicher Auflagen
- Ersatz von Gutachterkosten und anderer im Zusammenhang mit den Instandsetzungsmaßnahmen entstandenen Kosten
Die Erhaltungsrücklage darf nicht verwendet werden für
- Finanzierung von baulichen Veränderungen und Modernisierungen
- Anwaltskosten
- Heizkosten
- Hausgeldrückstände in Bezug auf die Betriebs- und Verwaltungskosten
- Erwerb von Sachen für die Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Erhaltungsrücklage ist Bestandteil des Gemeinschaftsvermögens
Die Erhaltungsrücklage steht im Eigentum der Wohnungseigentümergemeinschaft, nicht der Sondereigentümer. Dem einzelnen Eigentümer steht daher kein Anteil an diesem Gemeinschaftsvermögen zu über das er verfügen könnte, oder den er sich zum Beispiel bei Verkauf der seiner Wohnung auszahlen lassen könnte.
Somit handelt es sich bei den Zahlungen in die Erhaltungsrücklage um Gelder, die immer im Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft verbleiben.
Höhe der Erhaltungsrücklage
Bei der Entscheidung über die Höhe des jährlich zu zahlenden Betrages zur Erhaltungsrücklage und für die Art und Weise ihrer Aufbringung wird den Eigentümern vom Gesetz und der Rechtsprechung ein weiter Ermessensspielraum zugestanden.
Es gibt keine vom Gesetzgeber vorgesehene „richtige“ Höhe der Erhaltungsrücklage, sondern die Eigentümer haben einen Spielraum zwischen einer gedachten oberen, sowie einer unteren Grenze den sie ausschöpfen können.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass nur deutlich zu niedrige oder wesentlich zu hohe Beiträge zur Erhaltungsrücklage gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstoßen und somit ein Anspruch auf Anpassung besteht.
Angemessen wird in der Regel die Höhe einer Erhaltungsrücklage sein, die ein „verständiger und vorausschauender Eigentümer“ ansetzen würde.
Berechnung der Höhe der Erhaltungsrücklage
Bei der Berechnung der Höhe der angemessenen Erhaltungsrücklage spielt unter anderem das Alter und der Zustand des Gemeinschaftseigentums eine Rolle.
Hinzu kommen Lage und Beschaffenheit der Wohnungseigentumsanlage, die Größe sowie bauliche Besonderheiten. Anhaltspunkte für die angemessene Höhe der Erhaltungsrücklage bietet etwa § 28 der II. Berechnungsverordnung.
Peters‘sche Formel
In der Praxis findet auch für die Berechnung einer angemessenen Höhe der Erhaltungsrücklage die sogenannte Peters‘schen Formel Anwendung.
Dabei wird davon ausgegangen, dass im Laufe von 80 Jahren Lebensdauer eines Gebäudes Instandhaltungskosten in Höhe des 1,5-fachen der Herstellungskosten zu erwarten sind. Hiervon soll dann je nach Ausstattung der Gemeinschaft 65 - 70 % auf das Gemeinschaftseigentum entfallen.
Anlage und Verwaltung der Erhaltungsrücklage
- Tagesgeldkonten
- Festgeldkonten
- Sparbücher mit Kündigungsfrist
- sichere Staatsanleihen und vergleichbare festverzinsliche Wertpapiere
Dabei ist aber immer zu beachten, dass zumindest ein Teil der Rücklagen sofort für Notfälle zur Verfügung steht.
Benötigt der Verwalter einen Beschluss zur Anlage?
Grundsätzlich darf der Verwalter die Rücklage nicht eigenmächtig und nach eigenem Ermessen anlegen. Er benötigt einen Beschluss der Eigentümergemeinschaft, der die Art der Anlage regelt. Der Verwalter hat also darauf zu achten, dass er regelmäßig entsprechende Beschlüsse herbeiführt.
Folgen spekulativer Anlagen
Investiert der Verwalter ohne Beschluss in spekulative Anlagen, so kann dies strafrechtliche Konsequenzen haben. Insbesondere Untreue gemäß § 266 StGB kommt in Betracht. Eine Straftat die mit Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft werden kann.
Bei finanziellen Verlusten macht sich der Verwalter grundsätzlich schadenersatzpflichtig wegen Schlechterfüllung seines Verwaltervertrages. Eine Investition in spekulative Anlagen widerspricht dem Grundsatz der ordnungsmäßigen Verwaltung.
Selbst dann, wenn die WEG einen entsprechenden Beschluss fasst, ist der Verwalter nicht aus der Verantwortung.
Derartige Beschlüsse werden teilweise als nichtig, zumindest aber als anfechtbar angesehen.
Die Frage hierbei ist immer, ob die Verwaltung bei der Herbeiführung des Beschlusses tatsächlich ausreichend auf die Risiken einer spekulativen Anlage hingewiesen hat.
Instruktiv ist hierbei die Entscheidung des OLG Celle (OLG Celle, Beschluss vom 14.04.2004 - 4 W 7/04):
Der Entscheidung lag ein einstimmiger Beschluss der Gemeinschaft vor, mit einem Teil der Instandhaltungsrücklage zu spekulieren.
Als es zu Verlusten kam, hat das OLG eine Mithaftung der Verwalterin angenommen, sie musste den Schaden ersetzen. Der Grund lag für das Gericht in mangelnder Aufklärung der Eigentümer über die Risiken.
Entnahmen und Zweckbindung
Über die Entnahme von Geldern aus der Erhaltungsrücklage entscheiden die Eigentümer durch Beschluss.
Damit liegt auch die Entscheidung, ob Reparaturarbeiten aus den vorhandenen Mitteln der Erhaltungsrücklage bezahlt werden oder eine Sonderumlage beschlossen oder ein Darlehen aufgenommen wird, im Ermessen der Wohnungseigentümer.
Denkbar ist auch eine „Umwidmung“ von Mitteln aus der Erhaltungsrücklage für andere Zwecke. Dies entspricht zumindest dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die angesparten Gelder in der Erhaltungsrücklage die notwendige Höhe überschreiten.
Umlageschlüssel
Die Erhaltungsrücklage ist von den Eigentümern nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 WEG oder eines ausdrücklich durch die Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbarten Umlageschlüssels aufzubringen.
Denkbar ist auch, dass durch die Schaffung von Untereinheiten innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft für diese Untereinheiten separate Erhaltungsrücklagen aufzubringen sind.
Darstellung der Erhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung
Als wesentlicher Vermögensbestandteil der Gemeinschaft der Eigentümer ist die Erhaltungsrücklage in der Jahresabrechnung und Vermögenbericht (mehr zum neuen Vermögensbericht finden Sie hier: Der Vermögensbericht in der Wohnungseigentümergemeinschaft) mit darzustellen.
Die Darstellung muss dabei die Eigentümer in die Lage versetzen, die Vermögenslage der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfassen und die Abrechnung auf ihre Plausibilität hin überprüfen zu können.
Die Eigentümer müssen also nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere wofür die Gelder Verwendung gefunden haben.
Es muss in der Jahresabrechnung auch mitangegeben werden, wo und wie die Erhaltungsrücklage angelegt ist, auch diese Angaben gehören zur ordnungsgemäßen Jahresabrechnung und Rechnungslegung.
Die Erhaltungsrücklage sollte auf einem gesonderten Konto zur Klarheit angesammelt werden, verpflichtend ist dies jedoch nicht.
Die Erhaltungsrücklage kann also auch auf dem Girokonto der Gemeinschaft belassen werden. Buchhalterisch muss sie dann aber separat ausgewiesen werden.
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