Der Verwaltungsbeirat nach der WEG-Reform 2020
Liebert & Röth: Rechtsanwälte für WEG-Recht Berlin & Bundesweit
Mit der WEG-Reform zum 01.12.2020 führte das „Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz" (WEMoG) auch grundlegende Änderungen zur Rechtsstellung des Verwaltungsbeirates in der Wohnungseigentümergemeinschaft ein. Dieser Artikel wurde daher überarbeitet und an die neue Rechtslage angepasst.
Eine umfassenden Überblick über alle wesentlichen Änderungen der Reform des WEG-Rechts finden Sie in dem Artikel WEG-Reform 2020
Überblick
Die neue Rechtslage ermöglicht es zunächst den Wohnungseigentümern -auf ihre Anlage und Bedürfnisse zugeschnitten- die Mitgliederzahl des Verwaltungsbeirats flexibler als bisher zu regeln und beschränkt die Haftung der unentgeltlich tätigen Verwaltungsbeiratsmitglieder auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
Nach § 29 Abs. 2 Satz 1 WEG soll der Verwaltungsbeirat zudem in Zukunft den Verwalter explizit überwachen. Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats ist im Übrigen nach § 9b Abs. 2 WEG als gesetzlicher Vertreter der Gemeinschaft gegenüber dem Verwalter installiert, sofern nicht ein anderer Wohnungseigentümer dazu bestimmt worden ist.
Es ergeben sich somit erhebliche Änderungen zum bisherigen Recht rund um den Verwaltungsbeirat. Im Einzelnen hierzu.
Der Verwaltungsbeirat - Gliederung:
Wahl des Verwaltungsbeirates
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft kann aus ihrer Mitte durch Beschluss mit einfacher Mehrheit in einer Eigentümerversammlung einen Verwaltungsbeirat wählen, der den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben unterstützen soll.
Die Details zur Wahl des Verwaltungsbeirats sind nach wie vor in § 29 Abs. 1 WEG geregelt.
Wichtige Änderung zum bisherigen Recht ist, dass die Anzahl der Mitglieder nicht mehr wie bisher auf drei Personen festgelegt ist. Die Gemeinschaft kann daher -angepasst an die Größe der Gemeinschaft oder den aktuellen Arbeitsaufwand- weniger oder mehr Verwaltungsbeiräte in den Verwaltungsbeirat bestellen. Zulässig ist auch ein Verwaltungsbeirat, der nur aus einer Person besteht.
Ab zwei Personen ist nach der neuen Rechtslage ein Vorsitzender und ein Stellvertreter zu bestimmen. Dies kann wie bisher auch entweder die Eigentümergemeinschaft bereits mit der Wahl der Mitglieder des Verwaltungsbeirates festlegen oder den Mitgliedern des Verwaltungsbeirates selbst überlassen.
Wie auch bisher dürfen lediglich Wohnungseigentümer innerhalb der Gemeinschaft zum Mitglied des Verwaltungsbeirates bestellt werden. Die Bestellung von Nichtmitgliedern zu Verwaltungsbeiräten war auch bisher bereits anfechtbar. Nach gewichtigen Stimmen in der Literatur wäre ein derartiger Beschluss aufgrund einer veränderten Formulierung im Gesetzestext inzwischen sogar nichtig.
Unterstützung des Verwalters
Aufgaben und Befugnisse des Verwaltungsbeirates bleiben weitgehend unverändert.
Laut § 29 Abs. 2 WEG ist es Aufgabe des Verwaltungsbeirates zunächst den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben zu unterstützen. Allerdings wurde an dieser Stelle durch den Gesetzgeber explizit eine Ergänzung eingefügt. Nunmehr heißt es „Der Verwaltungsbeirat unterstützt und überwacht den Verwalter bei der Durchführung seiner Aufgaben.“
Diese Ergänzung ist erst durch den Rechtsausschuss in das Gesetz eingefügt worden und es ist bisher noch unklar, wie weit die Überwachung des Verwalters durch den Verwaltungsbeirat reichen soll.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat es zum alten Recht richtigerweise abgelehnt, aus der unterstützenden Aufgabe die Pflicht des Verwaltungsbeirates die Verpflichtung abzuleiten, den Verwalter zur Erfüllung seiner Pflichten anzuhalten.
Mit der Einfügung des Wortes „überwachen“ wurden offensichtlich Anleihen beim Deutschen Aktiengesetz genommen, der Begriff ist aus § 111 Abs. 1 AktG bekannt.
Andererseits zeigt der Vergleich mit dem Aktienrecht, dass der Aufsichtsrat besondere Kontroll- und Einwirkungskompetenzen gegenüber dem Vorstand hat, die dem einfachen Aktionär fehlen. Derartige weitgehende Regelungen fehlen dezidiert beim Verwaltungsbeirat. Eine umfassende Kontrolle des Verwalters seitens des Verwaltungsbeirates kann demnach wohl nicht gemeint sein.
Kontrollfunktion
Wirtschaftsplan sowie die Jahresabrechnung sollen gemäß § 29 Abs. 3 WEG weiterhin vom Verwaltungsbeirat geprüft und mit einer Stellungnahme versehen werden, bevor über sie die Gemeinschaft in der Versammlung beschließt.
An dieser Stelle gab es eine geringfügige Änderung. Im Unterschied zum § 29 Abs. 3 WEG alte Fassung müssen „Rechnungslegungen und Kostenvoranschläge“ nun nicht mehr geprüft werden. Dies soll nach dem Willen des Gesetzgebers den Verwaltungsbeirat vor Überlastung schützen. Schon bisher dürften im Normalfall aber Rechnungslegungen und Kostenvoranschläge nur selten zu prüfen gewesen sein. Die zu erwartenden Veränderungen sind somit marginal.
Der Beirat hat weiterhin die rechnerische Schlüssigkeit der Abrechnung und die angewandten Verteilungsschlüssel zu überprüfen. Daneben hat er die sachliche Richtigkeit der Abrechnung durch stichprobenartige Belegprüfungen zu kontrollieren.
Einberufung Wohnungseigentümerversammlung
An der Reservekompetenz, eine Wohnungseigentümerversammlung einzuberufen, hat sich nichts verändert. Weigert sich der Verwalter pflichtwidrig, die Versammlung der Wohnungseigentümer einzuberufen oder fehlt er möglicherweise ganz, kann die Versammlung auch von dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates oder seinem Vertreter einberufen werden.
Dies ergibt sich unmittelbar aus § 24 Abs. 3 WEG. Dieses Einberufungsrecht ist das einzige Sonderrecht des Beirates.
Ergänzt wurde die Vorschrift allerdings dahingehend, dass die Versammlung auch durch einen durch Beschluss ermächtigten Wohnungseigentümer einberufen werden kann.
Unterzeichnung Versammlungsprotokoll
Auch an dieser Stelle hat sich nichts geändert. § 24 Abs. 6 WEG bestimmt, dass neben dem Versammlungsleiter und einem Wohnungseigentümer auch der Vorsitzende des Beirates oder dessen Vertreter das Versammlungsprotokoll der Eigentümerversammlung zu unterschreiben hat. Dies setzt voraus, dass der Vorsitzende des Verwaltungsbeirates oder sein Stellvertreter auf der Versammlung anwesend waren.
Übertragung weiterer Aufgaben
Grundsätzlich ist es auch weiterhin möglich, dem Beirat weitere Aufgaben durch eine Vereinbarung der Eigentümer in der Gemeinschaftsordnung oder durch Beschluss zu übertragen. Allerdings muss dabei stets beachtet werden, dass die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters aus § 27 WEG nicht eingeschränkt werden dürfen.
Durch Beschluss sind die Kompetenzen des Verwaltungsbeirates nur eingeschränkt zu erweitern. Insbesondere Regelungen, die auch für zukünftige Beiräte gelten sollen oder solche, die die Kompetenzverteilung ändern (z.B. Entscheidung über Instandsetzungsmaßnahmen durch Verwaltungsbeirat anstatt durch die Gemeinschaft durch Beschluss in der Versammlung) fehlt es in der Regel bereits an der Beschlusskompetenz.
Ersatz von Aufwendungen
Zwischen der Wohnungseigentümergemeinschaft und dem Beirat besteht ein Auftragsverhältnis und deshalb hat nach § 670 BGB jedes Mitglied des Beirates einen Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen (Telefonkosten, Portokosten etc.).
Die Gemeinschaft kann auch beschließen, dem Beirat seine Aufwendungen in Form von Pauschalen zu ersetzen.
Ein aktiver und gegenüber der Verwaltung kritischer Verwaltungsbeirat kann für eine Eigentümergemeinschaft sehr wertvoll sein. Insofern ist es dringend empfehlenswert, bei der Aufwandsentschädigung zu Gunsten des Verwaltungsbeirates eine großzügige Regelung zu finden.
Haftung
§ 29 Abs. 3 WEG bringt hinsichtlich der Haftung des Verwaltungsbeirates eine wichtige Änderung mit sich. Nach dem neuen Recht haften Mitglieder des Verwaltungsbeirates, sofern sie unentgeltlich tätig sind, nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit.
Bisher bestand eine Haftung der Beiräte auch bereits für einfache Fahrlässigkeit. Diese Tatsache verbunden mit einer teilweise recht strengen Rechtsprechung durch die Gerichte stand im Gegensatz zur typischerweise unentgeltlichen Ausübung der Beiratstätigkeit und hat viele Eigentümer davon abgehalten als Verwaltungsbeirat tätig zu werden. Die Gesetzesänderung soll explizit die Bereitschaft von Eigentümern steigern, sich in den Verwaltungsbeirat wählen zu lassen und dort tätig zu werden.
Zu beachten ist, dass der Ersatz von konkreten Aufwendungen oder der Ersatz von Aufwendungen durch eine Pauschale noch nichts am Merkmal der Unentgeltlichkeit ändert. Es ist also weiterhin zu empfehlen, die finanziellen Aufwendungen der Beiräte zu ersetzen.
Haftpflichtversicherung für Verwaltungsbeiräte
Auch weiterhin erscheint es sinnvoll, über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung zugunsten der Mitglieder des Beirates nachzudenken. Auch wenn insgesamt der Haftungsrahmen für die Verwaltungsbeiratsmitglieder reduziert worden ist, besteht der Vorteil der Gemeinschaft beim Abschluss einer Versicherung darin, einem finanziell potenten Partner im Falle eines Falles gegenüberzustehen.
Es dürfte Teil der ordnungsmäßigen Verwaltung sein, etwaige bestehende Haftpflichtversicherungen für Verwaltungsbeiräte hinsichtlich der Versicherungsbeiträge zu überprüfen. Aufgrund der Veränderung des Haftungsrahmens, sollten die Versicherungsprämien deutlich sinken.
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