Wann ist die kleine (Berufungs-)Strafkammer falsch besetzt?
Strafverteidigung in Berlin
Rechtsanwalt & Fachanwalt für Strafrecht Thomas Röth zu einer erfolgreichen Besetzungsrüge bei einer Berufungsstrafkammer.
Falsche Besetzung Berufungsstrafkammer
Der Beschluss des Kammergerichts vom 14. Dezember 2017 zum Aktenzeichen (4) 121 Ss 127/17 (211/17) ist mit der Besetzung von kleinen Strafkammern befasst. Hintergrund war eine Revision gegen ein strafrechtliches Berufungsurteil des Landgerichts Berlin. In der Revision wurde die nichtvorschriftsmäßige Besetzung der kleinen Strafkammer geltend gemacht.
Das Kammergericht hat sich in diesem Beschluss mit den Grenzen der Verwendung von Richtern des Eingangsamtes, also Richtern am Amtsgericht und Richtern am Landgericht, als Vorsitzenden kleiner Strafkammern befasst. Es hat festgestellt, dass Vorsitzende von kleinen Strafkammern in der Regel gem. § 21 f Abs. 1 GVG entweder der Präsident des Landgerichts oder ein Vorsitzender Richter am Landgericht sein müssen. Eine Ausnahme bildet § 21 g Abs. 1 S. 1 GVG, danach kann das Präsidium unter anderem die Vertretung der Richter regeln, dies gilt auch für den Vorsitzenden. Für die Vertretung des Vorsitzenden bei kleinen Strafkammern gilt laut Kammergericht § 21 g Abs. 1 Satz 1 GVG und nicht § 21 f Abs. 2 GVG. Ein Richter im Eingangsamt könne Vertreter eines Vorsitzenden Richters sein. Dann muss jedoch ein Vertretungsfall vorliegen. Das heißt, dass ein ordentlicher Vorsitzender vorgesehen sein muss, der lediglich vorübergehend an der Wahrnehmung des Vorsitzes verhindert war.
Eine zweite Ausnahme könnte die vorübergehende Vertretung eines dauerhaft an der Wahrnehmung des Vorsitzes verhinderten ordentlichen Vorsitzenden durch einen Richter im Eingangsamt sein (entsprechende Anwendung des § 21 g Abs. 1 Satz 1 GVG). Dies setzt jedoch voraus, dass der Geschäftsverteilungsplan einen Hinweis auf die Vertretung des ordentlichen Vorsitzenden enthält. Darüber hinaus muss sich ergeben, dass die Besetzung mit einem ordentlichen Vorsitzenden beabsichtigt ist.
Eine dritte Ausnahme hat das Kammergericht in der Erprobung im Einsatz von Richtern im Eingangsamt zur Erprobung an Obergerichten gesehen. Demnach wäre ein Vorsitz beim Landgericht zur Erprobung zulässig. Die Anzahl der zur Erprobung eingesetzten Richter muss aber insgesamt zur Anzahl der Vorsitzenden kleiner Strafkammern gering sein und darf nicht über ein dringend gebotenes Maß hinausgehen. Der Einsatz muss dann auf eine zuvor bestimmte Zeit begrenzt sein und dem Zweck der Erprobung dienen. Die Auswahl muss sich nach der Erprobungsausbildungsverordnung richten und nicht durch das Präsidium erfolgen. Ein als Vorsitzender eingesetzter Richter, der bereits erfolgreich erprobt worden war, kann dies nicht sein.
Vorteilhaft ist, dass es, da das Landgericht hier nicht in der ersten Instanz tätig ist, in der Berufungshauptverhandlung Einwendungen gegen die Besetzung nicht zu erheben sind, sondern die Besetzungsrüge insoweit erstmalig als Verfahrensrüge in der Revision erhoben werden kann (siehe § 338 Abs. 1 a–d i. V. m. §§ 222 a, b StPO).
Fazit
Auch wenn es selten vorkommt: Man kann auch vor dem Kammergericht mit einer solchen Rüge Erfolg haben.
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